Der Hochstein ist bei den Drachenfliegern nicht unbedingt beliebt, weil der Startplatz leider noch einen 10min Fußmarsch erfordert. Motiviert von den genialen Grenteflügen der Gleitschirmkollegen, war es trotzdem Zeit einen früh startbaren Ausgangspunkt im südlichen Hochgebirge zu finden. Und weil die 10min Fußmarsch zum Glück nur flach zu meistern sind, kann man sich auch als Starrflüglerpilot helfen:
Allerdings muss man für die Prozedur mit dem "Hochsteinwagerl" schon gute 45min rechnen. (Ohne Aufbauen wohlgemerkt)
Nachdem die ersten Hochsteintestflüge im großen und ganzen erfolgreich waren, fühle ich mich fit für eine besondere Herausforderung – Das Hochstein FAI über den Alpenhauptkamm!
Damit im Flug keine Zweifel aufkommen und alle Entscheidung klar getroffen werden können habe ich mir eine Strategie zurecht gelegt.
Entscheidungsstrategie
Vom Hochstein stehen mir grundsätzlich 2 Aufgaben offen.
- Ein Flaches Dreieck so wie z.B. dieses hier. (nur ohne Flugfehler und 100km weiter...) :-)
- Das besagte Hochsteindreieck
Die Entscheidung welche Aufgabe für den jeweiligen Tag besser geeignet ist, muss ich spätestens in Sterzing kurz nach der Wende im Ridnauntal treffen.
Das ist gut, weil ich bis dahin schon recht viel Information über den Tag gesammelt habe.
Vor dem Flug muss ich natürlich checken, ob die Alpennordseite ebenfalls gute Flugbedingungen zu bieten hat, und die Windprognose Alpenquerungen in beide Richtungen zulässt.
Denn die Alpennordseite lässt sich von Sterzing aus nicht erkennen.
Das Hochsteindreieck werde ich also in Angriff nehmen wenn folgendes zutrifft:
- Die Basis rund um Sterzing (13:00 – 14:00) mindestens auf 3200m liegt.
- Das Föhndiagramm keine signifikaten Druckunterschiede zwischen Nord und Südseite aufzeigt.
- Die Alpennordseite gut vorhergesagt ist.
Zeitplan
Die typische Startzeit für einen guten Hochsteinflug ist erfahrungsgemäß 10:30.
Wir haben beobachtet, dass die Startbedingungen am 11:00 unangenehm werden können, weil seitliche Ablösungen den Startwind stören.
Obwohl es sehr realistisch ist schon um 13:30 im Ridnauntal zu wenden, will ich mir bis spätestens 14:00 für die Wende Zeit geben.
Ich will also mit sehr hoher Warscheinlichkeit die 1. Wende auch erreichen.
Die Gründe sind folgende:
- Mit der 1. Wendepunkt um 14:00 geht sich ein Hochsteindreieck auch noch aus, wenn der Weiterflug eher zäh verläuft. Für die Minimalvariante hätte ich dann noch 140km zu fliegen. Selbst wenn meine Reisegeschwindigkeit so langsam bleibt, wie am Hinflug zur 1. Wende, geht sich das aus.
- Die Alpenquerung am Olperer halte ich für eine Schlüsselstelle, an der ich nicht zu früh ankommen will. Erfahrungsgemäß „explodiert“ die Thermik erst so gegen 14:00. Zwischen 14:00 und 17:00 Uhr muss man sehr grobe Fehler machen, um ab zu saufen. Perfekt also in dieser Zeit neue Strecken zu erforschen!
Die 2 Wende will ich ca. um 16:00 Uhr setzen. „Ca.“ Deswegen, weil ich vor habe so zu zielen, dass ich zwischen 17:00 und 17:30 am Felbertauern bin.
Das wäre meiner Meinung nach spät genug, dass die Westhänge zwischen Mittersill und Felbertauern schon angeschienen sind und früh genug, dass der Großvenediger meinen womöglich letzten Bart um 18:00 – 18:30 nicht abschattet!?
Natürlich muss das nicht der letzte Bart sein. Angestrebt ist eine Landung erst so spät wie möglich. 20:00 wäre ein großer Erfolg! Wofür sich das Dreieck noch wunderbar verlängern lässt.
Ein 2. Kriterium für die 2. Wende wird sicherlich der Bayrische Wind sein. Diesbezüglich habe ich leider noch nicht allzuviel Erfahrung. Prinzipiell wird er vermutlich um 16:00 so richtig einsetzen und den Rückflug unterstützen. Andererseits kann er mir auch notwendige Thermikquellen verblasen.
Es könnte also einen zusätzlichen Vorteil haben die Wende erst am Wilden Kaiser zu setzen und dann eine östlichere Route zurück zu fliegen.
Schlüsselstellen
Alpenquerung am Olperer.
Diese Querung hat zum Beispiel Walter Geppert, bei seinem Weltrekord schon beflogen und auch dokumentiert, wie es ihm dabei ergangen ist.
Ich selbst, bin mir nicht so sicher ob - so wie Walter das schreibt - Ginzling wirklich eine gute Außenlandestelle darstellt. Ich kalkuliere lieber bis nach Mayerhofen.
Bis dort hin sind es ab der letzten Thermik vor dem Gleitstück (siehe Walters Flug um 14:15), 20km bis nach Mayerhofen auf 650m.
Wenn man also mit mindestens 3200m losfliegt hat man >2000m auf 20km zu "verbraten". Wenn man in keine Leefalle tappt ist Gleitzahl 1:10 kein Thema für meinen Atos V.
Natürlich geht es nicht primär darum in Mayerhofen zu landen. Viel wichtiger ist, wo der rettende Bart zu finden sein wird. Da gibt es zum einen die Stelle, die Walter bei beiden Versuchen genommen hat (siehe Walters Flug um 14:26), und noch ein Stück weiter ist der Dristner auch von der Flugspurenanlyse recht gut eingefärbt.
Die 2. Wende
Anpeilen werde ich auf alle Fälle den Wilden Kaiser, der vom Hörensagen als gute Thermikquelle bekannt ist. Wenn ich ihn tatsächlich bis 16:00 Uhr erreiche, nehme ich die östliche Route, um dem Bayrischen Wind etwas aus zu weichen. Vom wilden Kaiser zum Felbertauern sind es 47km. Rückenwind und die gute Tageszeit könnten einen Rückflug zum Felbertauern in 1h – 1:15 ermöglichen.
Felbertauern
Anhand dem was ich in diesem Flug gelernt habe, sollten die Westrippen schon in der Sonne stehen bevor bis zum Alpenhauptkammgrad vorgedrungen werden kann. Je nach Wind werde ich so anfliegen, dass ich mit Rückenwindkomponente über den Grad huschen kann.
Den Anschluss auf der Südseite hoffe ich dann auch schnell zu finden. 20km hinter dem Felbertauern bei Huben nochmal auf 3000m aufdrehen sollte reichen um von dort in den 20km Endanflug zu gehen.
Besser wäre es, den Tag komplett aus zu reizen und noch bis zur Embergeralm oder weiter zu verlängern. Dann kann man sich mit Talwindunterstützung schön zurückschwindeln, wie es mir damals schon passiert/gelungen ist.
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Dennis (Donnerstag, 03 März 2016)
Hey!
Ein ambitionierter Plan, der sehr gut überlegt worden scheint. Für mich hört es sich schlüssig an, was du schreibst.
Eine Anmerkung zum bayrischen Wind habe ich allerdings noch. Dieser kommt deutlich früher als Du annimmst. mittags um 1 ist der Pass Thurn in der Regel schon überspült. Daher solltest du in Richtung Kitzbühl deutlich über Grat unterwegs sein. Zweites Problem mit dem Bayrischen ist eben der wilde Kaiser. Der dürfte zu deiner Ankunftszeit ziemlich kernige Leethermik produzieren. Gerade ostseitig kommt da auch noch eine Umspülung hinzu aufgrund der Düse zwischen Unterberg (Kössen) und wilder Kaiser. Ist sicher nichts unmögliches, gerade mit einem Drachen ist man da etwas stabiler unterwegs, aber darauf vorbereitet sein schadet nie ;)
ich wünsche dir in jedem Fall viel Erfolg bei deinem Vorhaben, villeicht wird das ja ne neue FAI-Rennstrecke :)
Grüße aus Bludenz
Dennis
Martin (Donnerstag, 03 März 2016 21:27)
Hallo Dennis, danke für die Hinweise! Perfekt! ich werde daran denken, wenn es soweit ist!
glg
Martin