Überlegungen zur Reisegeschwindigkeit 

Ein zentrales Thema bei der Planung eines weiten Streckenflugs, ist natürlich die Flugdistanz. Weit fliegt, wer lange fliegt. Und noch weiter fliegt, wer hohe Durchnittsgeschwindigkeiten zu Tage bringt.

Was sind nun die Erfolgsfaktoren für schnelles fliegen?

Schnell einig ist man sich in dem Punkt, dass Baustellen und schwache Steigwerte vermieden werden sollen. Auch tragende Linien fliegen, und wenig kurbeln leuchtet jedem schnell ein.

Aber bei der Wahl der Vorfluggeschwindigeit, also die Fluggeschwindigkeit zwischen den Bärten gibt es unterschiedliche Auffassungen.

Die Einen versuchen sich strikt an die Mac Cready Sollfahrt zu halten, die Anderen versuchen mit möglicht Vollgas die nächsten Abrisskanten zu erreichen. (Oft gehört von erfolgreichen Paragleitern) Und dann gibt es jene die Gleiten nach Gefühl und folgen nur grob der MC Theorie.

Alle Möglichkeiten scheinen beim Streckenfliegen zum Erfolg zu führen. Warum ist das so?

MacCready hat in seiner Theorie bewiesen, dass es nur eine perfekte Sollfahrt für eine maximierte Reisegeschwindigkeit gibt. Untersuchen wir einmal wie gravierend sich Abweichungen zu dieser Sollfahrt auswirken.

Dazu nehmen wir erstmal folgenden idealisierten Beispielflug an:

• Der Flug dauert genau 8h
• Jeder Bart hat genau 2m Steigen
• Zwischen den Bärten ist die Luft ruhig
• Es ist Windstill

Meine verwendete Polare für meinen Atos V liefert  mir folgende MCreadywerte für ruhige Luft:

• Bestes Gleiten:        48,55km/h bei 0,86m/s Sinken
• Sollfahrt MC 1m/s: 60,29km/h bei 1,18m/s Sinken
• Sollfahrt MC 2m/s: 70,09km/h bei 1,60m/s Sinken
• Sollfahrt MC 3m/s: 78,68km/h bei 2,11m/s Sinken
• Sollfahrt MC 4m/s: 86,42km/h bei 2,66m/s Sinken

Nun absolvieren wir die Strecke mit Mac Cready Sollfahrt. (Ringeinstellung 2m) Diese beträgt 70km/h.

Nach der MC Cready Formel zur Reisegeschwindigkeit ergibt sich als Reisegeschwindigkeit: 38,84km/h.  

Über 8h Flugzeit ergeben sich daraus 310km.

Jetzt betrachten wir was passiert, wenn wir die Vorfluggeschwindigkeit variieren. Ich habe dazu ein Diagramm erstellt.

Hier nochmal das gleiche Diagramm mit Ausgabe der Flugstrecke über 8h anstelle der Reisegeschwindigkeit.

Aus dem Diagramm lassen sich mehrere Dinge erkennen:

Eine Abweichung zu der MacCready Sollfahrt um immerhin 10km/h nach oben oder nach unten verkürzt unsere Gesamtflugstrecke weniger als 10km. Das entspricht einer kleinen Baustelle (Parken in einem 0 Schieber) von ca. 15min.

Fliegt man allerdings langsamer als MC 1m/s (60,29km/h aus der Beispielpolare) oder gar mit der Geschwindigkeit des besten Gleitens, verlangsamt das die Reisegeschwindigkeit deutlich.

Priorität hat das Durchschnittssteigen! Siehe dazu auch folgendes Diagramm:

Das Diagramm zeigt unter folgenden geltenden Voraussetzungen,

• Windstille
• Vorflug nach MC Sollfahrt
• Ruhige Luft während der Gleitphasen

wie sich das Durchschnittssteigen auf die Reisegeschwindigkeit auswirkt. Verringert sich das Durchschnittssteigen um nur 0,1m/s, hat das den gleichen Effekt auf die Reisegeschwindigkeit wie 15min Baustelle oder 10km/h Abweichung zur Sollfahrt!

Ich versuche also die Sollfahrttheorie wie folgt um zusetzen:

• Wenn ich hoch bin, und gute Thermikquellen vor mir vermute, kann ich mit hoher Ringeinstellung gleiten z.B. „3“. (Ich würde schließlich auch nicht eindrehen, und einen mittelmäßigen 2m Bart durchfliegen)
• Wenn ich auf einer Höhe bin, wo es sich schon lohnt zu kurbeln (weil ich schon 500m Platz zur Basis habe) würde ich auch in einen mittelguten 2m Bart einsteigen. Ringeinstellung „2“
• Wenn ich auf eine Kante zufliege, an der ich Thermik erwarte, es aber keine weiteren ordentlichen Alternativen mehr gibt. Ringeinstellung 1
• Habe ich mich in der Stelle geirrt und muss ohne alternative weiterfliegen – Ringeinstellung 0. Das ist jetzt schon die Baustelle die ich vermeiden wollte.

Brauche ich aber eine Entspannungsphase, werde ich mich eher beim Gleiten, als beim Kurbeln "ausruhen"...