Gutensteiner Alpen FAI von der Hohen Wand

Wettertechnisch ist es eine traumhafte Prognose mit mäßiger Thermik und wenig Wind. Nachdem auch der Vortag (Samstag) schon 2000m Höhe über der Hohen Wand gebracht hat, bin ich ziemlich optimistisch, dass auch der Sonntag gut wird. Einen richtigen Flugplan habe ich nicht. Am Vortag, dachte ich an mein FAI Dreieck durch die Gutensteiner Alpen, das ich mir mal überlegt habe. Allerdings komme ich dann doch davon ab, weil ich schon lange nicht mehr geflogen bin, und das Dreieck viel Potential für stressige Situationen hat. Niedrige Operationshöhe wegen Luftraum, keine guten Landeplätze - fast nur Hanglandemöglichkeiten, eventuell Abschnitte ganz ohne Außenlandemöglichkeiten. Dann würde es somit auf einen Flug Richtung Westen oder Süden hinaus laufen, da der Osten durch Lufträume versperrt ist.

Start

Ich beeile mich nicht besonders, sondern installiere meine neue gebrauchte Gopro Hero 7 ordentlich, und starte erst wenn die bereits fliegenden Schirme ordentlich überhöhen können. Zuerst probiere ich gerne Richtung Osten. So auch diesmal. Es fällt gleich auf, dass hinter der Wand sehr schöne Wolken stehen. Beim Aufkurbeln, ist dann klar - bei so einem Wolkenbild, muss ich doch mein Gutensteiner Alpen FAI probieren.

1. Schenkel

Bis Pernitz habe ich mich früher schon öfter mal vor getastet, so fliege ich unbekümmert in die Richtung los. Nachdem mich dort sensationelles Steigen empfängt, ist die Entscheidung leicht, weiter zu fliegen. Sehr praktisch: Die Wolkenbasis liegt auf Höhe der Luftraumgrenze (1980m). Niedriger Wolkenbasis sagt man nach, dass sie Bärte nah bei einander stehen. Also wunderbar. Das einzige Sorgenkind: Südwind. Der hilft mir zwar beim Flug Richtung Norden, birgt aber die Gefahr, dass wenn ich mal tief komme, schwaches Steigen nehmen muss, dass der Wind dieses dann “zerreißt” und ich es nicht zentrieren kann. Einmal befürchte ich in so einer Situation zu sein, doch dann gelingt es mir mit dem Atos doch mich durch eine zerrissene Schicht durch zu Kreisen, und ich finde mich wieder in gutem Steigen. 

Für ein schönes Dreieck, müsste man den Wendepunkt möglichst weit ins Flache legen. Auch wenn ich vielleicht nie wieder einen so guten oder besseren Tag für dieses Dreieck haben werde. Das Risiko dann ab zu saufen, ist es mir nicht wert, und ich drehe einfach immer weiter Richtung Westen. Defacto fällt es mir ohnehin schon den ganzen Flug schwer nicht zu weit Richtung Westen ab zu drehen, und ich muss ich ermahnen möglichst Kurs zu halten. Da ich aber keinen Zeitdruck habe - 5 bis 6 thermische Stunden sind locker drin, suche ich eine sichere Linie und fliege viel zick-zack. Ich merke, dass es mir schwer fällt zwischen Kurslinie und Umweg zur nächsten Thermik richtig ab zu wägen. Ich bin es sehr gewohnt Bergketten mit eindeutiger Linie ab zu fliegen.

2. Schenkel

Es ist nicht ganz klar, wo der 1. Schenkel endet, und der 2. Schenkel anfängt. Ich fliege doch mehr einen Knödel, als ein Dreieck. Mental beginnt der 2. Schenkel für mich in dem Moment, wo ich Kurs auf den Ötscher nehme, der auf Grund seiner Größe ins Auge sticht. Es ist mir auch schon bei einer Condor Soaring Runde aufgefallen, dass der Ötscher ein guter Orientierungspunkt ist. Thermisch wird es jetzt immer besser. Wie erhofft, ist aufgrund der höheren Berge auch kaum Südwind zu spüren, sodass ich schnell voran komme. Ab der Gemeindealpe muss man sich gedanklich mit dem Hochschwab befassen. Ich fliege also einfach meine Linie weiter, und bin westlicher, als bei meiner ersten Hochschwabquerung. Aufgrund der tollen, verlässlichen Thermik, machen mir Außenlandeplätze keine Sorgen - ich fliege einfach die nächsten Wolken an, und finde Thermik.

Leider ist mir in meiner Euphorie nicht bewusst, dass ich mit der Operationshöhe von  ca. 1500 bis 2200m am Hochschwab ziemlich tief unterwegs bin auf aufpassen muss, weil er Talboden viel höher liegt als dies bei meinem bisherigem Flug der Fall war. Mit ca. 1800m erreiche ich ich den Hochschwab. Auf der Höhe war ich zuvor noch sehr entspannt, und konnte entscheiden, ob ich schon kurbeln will, oder noch weiter fliege.

Ich finde an der Ostflanke ein Steigen. Allerdings sehe ich schon die nächste Abrisskante zur Südflanke. In Kombination mit der Südwinderfahrung - ich hatte erwartet, dass der Süd am Hochschwab ein wenig anstehen könnte, fliege ich einfach weiter, mit der Einschätzung, dass es sich bei dem Steigen nur um einen Vorboten zu richtig starker Thermik handeln würde. Das ist mein Fehler. Ab jetzt habe ich nur noch leichtes Steigen. Selbst auf 1600m (mir ist immer noch nicht klar, dass meine gedankliche Mindesthöhe viel zu niedrig für das Gebiet ist) bin ich noch guter Dinge woanders besseres Steigen zu finden, sodass ich schließlich absaufen werde.

Endanflug

Ich hätte jetzt wieder zurückfliegen müssen, um im Notfall, in Seewiesen auf einer großen Wiese zu landen. Mir ist allerdings noch nicht nach Landen (siehe gedankliche Mindesthöhe). Wenn man den Weg, den man gekommen ist, wieder zurück fliegt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass man Thermik findet, die man nicht schon vorher wahrgenommen hat. Daher ist es streckenflugtechnisch grundsätzlich besser, eine andere Linie zu probieren. In meinem Fall, ist das die Linie durchs Tal in Richtung Aflenz. Ich versuche den Gleitwinkel optisch gut ein zu schätzen, und "befrage" auch mein LK8000. Meine Einschätzung sagt, es geht sich gut aus. LK8000 sagt, es geht sich nicht aus, hat in seiner Kalkulation aber viel mehr Wind berechnet, als mir mein Compeo+ Airspeedsensor als Gegenwind anzeigt. Also kein valides Ergebnis. Im Nachhinein betrachtet, ist es Gleitzahl 1:10 die ich gebraucht hätte. Also eigentlich konservativ für den Atos.

Landung

Trotz ein paar kurzer Piepser geht sich 1:10 nicht, oder knapp nicht aus. Im letzten Drittel des Gleitflugs wird klar, dass es extrem eng wird. D.h. hab ich leichtes Steigen komme ich gut an, habe ich ruhige Luft, komme ich knapp an, und habe ich weiterhin nur eine Gleitzahl von 1:10, dann geht es sich vielleicht garnicht nicht über die letzten Bäume aus. Zum Glück bietet sich unter mir eine große Hanglandungemöglichkeit an, die ich sofort annehme und einlande.

Fazit

  1. Es ist mir früher schon passiert, dass ich vergessen habe meine Höhenzonen an die Umgebung an zu passen. Ich muss mich in Zukunft speziell von der HW daran erinnern, meine Mindesthöhe Richtung Westen entsprechend an zu heben.
  2. Nicht leichtsinnig werden, wenn es gut läuft. Nicht selten folgt auf eine gute Phase eine schwierige Schlüsselstelle. Ich wusste dass der Hochschwab eine Schlüsselstelle ist, und bin doch mit wenig Plan aber viel Begeisterung angeflogen! Freuen, aber nicht zurücklehnen, sondern konzentriert bleiben!
  3. Wenn ich einen "Bummelflug" von der Hohen Wand mache (ohne Zeitdruck) dann muss ich trotzdem voll bei der Sache sein - speziell an den Schlüsselstellen.